Anselme Selosse, 1980 ans Ruder des 1949 gegründeten, elterlichen Betriebs getreten, brachte seine Ausrüstung aus dem Burgund mit: grosse Chardonnay im Eichenfass auf der Hefe auszubauen, was auch in der Champagne einmal Tradition war. Selosse verwendet jedoch auch neues Eichenholz. Selosse macht auch sonst, was ER will. Er wurde zum Vorreiter der Winzerchampagner-Bewegung. Eine lebende Legende. Biologisch-organische und biodynamische Bewirtschaftung sind längst verinnerlicht, heute geht's noch vermehrt um Permakultur nach dem Japaner Masanabu Fukuoka. Selosse ist ein ständig Suchender: nach der Evolution hin zum Essentiellen. Und er ist immer mehr auch ein Purist unter den Terroiristen. Denn neben Initial und VO und dem einzigen Jahrgangschampagner – alle drei sind Blanc de Blancs-Cuvées –, produziert er sechs Einzellagenchampagner, ohne Jahrgang und aus einer Traubensorte bestehend: drei aus Pinot Noir, drei aus Chardonnay. Höchstmögliche Individualität ist das Ziel. Äusserst speziell ist auch sein Liebkind, der Substance Blanc de Blanc: ein Champagner nach dem Solera-System, zurückreichend auf Weine bis 1986. Selosse's Eigenart polarisiert: es gibt die grossen Fans und jene, die verwirrt sind oder das, was er macht, schlicht nicht mögen. Wer Selosse einmal verkostete, wird Selosse nicht mehr vergessen: Seine Champagner sind eigenwillig, einnehmend, enorm konzentriert, der oxidative Ausbau ist spürbar. Daneben steckt auch Eleganz, Frische und grosse Lebendigkeit drin. Selosse Champager sind hochkomplexe Gebilde – zugespitztes, grosses Champagne –, die nach weiterer Reifung im Keller rufen.